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Mehr Stickstoffeffizienz: Nächste Stufe in der Rapszüchtung

Universität Gießen setzt Züchtungsarbeit an der wichtigsten Ölpflanze Europas fort

Die Universität Gießen arbeitet seit vielen Jahren in Projekten der Züchtungsforschung zum Winterraps mit. Zwischen 2011 und 2014 entschlüsselten Gießener Wissenschaftler gemeinsam mit Kollegen u. a. das Genom dieser Pflanze. Im neuen Vorhaben steht nun die Vererbung der Stickstoff-Effizienz im Fokus – ein wichtiger Hebel, um hohe Erträge mit wenig Dünger und einer geringen Belastung der Umwelt zu erreichen. Das gesammelte Wissen und die erzeugten Testhybriden werden am Ende des Projektes für die Züchtung neuer Sorten zur Verfügung stehen.

Neue Stickstoff(N)-effizientere Sorten, die einen signifikant höheren Ertrag pro Stickstoff(N)- und Flächeneinheit erzielen als heutige Sorten, können die Nachhaltigkeit im Rapsanbau weiter steigern. Mit ihrem Anbau lassen sich Dünger und Treibhausgasemissionen einsparen und Nährstoffeinträge in Gewässer reduzieren.

Grundsätzlich besitzt Winterraps (Brassica napus L), der als Pflanzenart aus der Kreuzung von wildem Gemüsekohl (Brassica oleracea) und Rübsen (Brassica rapa) hervorging, eine enorm breite Variation im Genpool. Der Durchbruch beim Rapsanbau kam aber erst mit den sogenannten 00-Sorten, die weitgehend frei von Erucasäure (ungesunde, langkettige Fettsäuren) und Glycosinolaten (Senföle) sind. Durch die Selektion auf diese Eigenschaften hat sich die genetische Variation stark eingeengt. Dies stand der Züchtung auf das Merkmal N-Effizienz lange Zeit im Wege. Zwischen 2011 und 2014 setzte hier der Forschungsverbund Pre-Breed Yield an, in dem auch die Universität Gießen mitarbeitete: In ihm trugen Forscher europaweit Rapssorten mit einer großen genetischen Vielfalt zusammen – ältere Sorten, Futterrapse oder Funde aus Genbanken. Außerdem nutzten sie sogenannte Resynthesen, also Neukreuzungen von Wildgemüsekohl und Rübsen. Durch Kreuzung dieses Ausgangsmaterials mit Elitesorten konnte PreBreedYield vielversprechende, genetisch sehr breite Populationen für Neukombinationen zur Verfügung stellen. Gleichzeitig wurde auch der genetische Code des Rapses entschlüsselt und erstmals veröffentlicht.

Im aktuellen Projekt erstellen die Forscher nun mit diesem Pflanzenmaterial neue Testhybriden mit dem Ziel, besonders N-effiziente Hybriden herauszufinden und die Vererbung dieses Merkmalskomplexes auf genetischer Ebene besser zu verstehen. Dazu bauen die Forscher die Testhybriden in Feldversuchen an verschiedensten Standorten in Deutschland bei unterschiedlich intensiver N-Düngung an. Mit Bonituren, Laboranalysen sowie einem neuartigen 3D-Pflanzensensor erfassen sie diverse Daten der unterschiedlichen Testhybriden. So soll der 3D-Sensor zum Beispiel die Anzahl und Verteilung des so genannten Schotenpaketes sämtlicher Pflanzenindividuen erfassen. Denn man weiß bereits, dass der Zuchtfortschritt der letzten Jahrzehnte weniger die Größe der Körner verbessert, sondern im Wesentlichen auf eine höhere Anzahl an Schoten pro Pflanze und mehr Körner in den jeweiligen Schoten gewirkt hat. Dadurch hat sich die N-Senke vergrößert, wodurch mehr Stickstoff mit der Ernte vom Feld abgefahren und der N-Bilanzüberschuss reduziert wird. Im Labor analysieren die Wissenschaftler zudem den Kohlenstoff- und Stickstoffgehalt in Blättern und Schoten sowie den Ölgehalt des Erntegutes. Alle gesammelten Informationen werden in einem Rechenmodell mit den Daten aus der in Pre-Breed Yield erfolgten Genotypisierung zusammengeführt. Die Forscher können dann eine sogenannte genomweite Assoziationskartierung erstellen. Mit einer solchen Kartierung lassen sich Verbindungen zwischen bestimmten äußerlichen Merkmalen der Pflanzen und Chromosomenabschnitten herstellen. Einfach ausgedrückt: Die Forscher suchen rechnergestützt in den Genen der Testhybriden nach Abschnitten, die immer mit einem überdurchschnittlich hohen Stickstoffgehalt in Blättern und Schoten und im Vegetationsverlauf mit hoher Schotenanzahl, hoher Kornanzahl sowie hohem Ölgehalt im Korn bei niedriger N-Düngung einhergehen, also mit einer hohen N-Effizienz gekoppelt sind.

Grundlagen für das aktuelle Projekt hat nicht nur Pre-Breed Yield geliefert, sondern auch das Vorhaben „Untersuchungen zum Zuchtfortschritt der N-Aufnahme und N-Verwertungseffizienz bei Winterraps“ der Universität Gießen. Dort untersuchten die Forscher den Heterosiseffekt für das Merkmal N-Effizienz bei Rapshybriden gegenüber herkömmlichen Liniensorten. Als Heterosis bezeichnet man die Mehrleistung einer Hybride gegenüber ihren Eltern. Die Wissenschaftler wollten auf diesem Wege Kenntnisse für die gezielte weitere züchterische Verbesserung der N-Effizienz gewinnen. Sie fanden u. a. heraus, dass es hier bereits in den letzten beiden Jahrzehnten einen deutlichen Zuchtfortschritt gegeben hat: Die untersuchten neuen Hybridsorten benötigen zur Erzeugung einer Tonne Rapsöl durchschnittlich 13 Prozent weniger N als alte Liniensorten. Die effizienteste Sorte brauchte sogar ein Viertel weniger N als die schlechteste alte Sorte.

Projektinformationen:

Das Vorhaben „Verbesserung der Stickstoffeffizienz von Winterrapshybriden durch Erweiterung der genetischen Diversität“ wird vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) über den Projektträger Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e. V. (FNR) gefördert. Informationen stehen auf fnr.de/projektfoerderung unter dem Förderkennzeichen 22014517 zur Verfügung.

Informationen zum Vorläuferprojekt „Untersuchungen zum Zuchtfortschritt der N-Aufnahme und N-Verwertungseffizienz bei Winterraps (Brassica napus L.)“, das ebenfalls vom BMEL über die FNR gefördert wurde, stehen auf fnr.de/projektfoerderung unter dem Förderkennzeichen 22020013 zur Verfügung.

Informationen zum Projekt Pre-Breed Yield finden Sie unter https://www.pflanzenforschung.de/de/plant-2030/fachinformationen/projektdatenbank/zielgerichtete-zuumlchtung-zur-ertragssteigerung-bei-ra-177

Hintergrund:

Die N-Düngung mit Wirtschafts- oder Mineraldüngern verursacht Lachgasemissionen, die durch bakterielle Umsetzungsprozesse im Boden entstehen. Lachgas ist 265-mal so klimawirksam wie CO2. Außerdem ist die Herstellung mineralischer N-Dünger energieintensiv und dadurch mit CO2-Emissionen verbunden. Hinzu kommen umweltschädliche Ammoniak-Emissionen. Nitrate wiederum werden aus überschüssigem N-Dünger freigesetzt, den Pflanzen nicht aufgenommen haben. Nitrate können in Gewässer gelangen und dort ökologische Probleme verursachen oder den Aufwand zur Trinkwasseraufbereitung erhöhen. Die Reduzierung der N-Überschüsse ist deshalb ein wichtiges Ziel der novellierten Dünge-Verordnung von 2017.

Pressekontakt:
Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e.V.
Nicole Paul
Tel.: +49 3843 6930-142
Mail: n.paul(bei)fnr.de

PM 2019-08

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Man weiß bereits, dass ein guter Schotenansatz und eine hohe Zahl an Körnern pro Schote ein Kennzeichen N-effizienter Rapssorten sind. Foto: tangram/K. Grümmert

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